Bei Kernreaktionen entstehen zu 0,65% ($\tau=14s$) verzögerte und zu 99,35% ($\tau=92ms$) prompte Neutronen. Erklären Sie anhand der Berechnung für einen k-Faktor von 1,001 die wichtige Bedeutung der verzögerten Neutronen, bis ein Kernreaktor nicht mehr steuerbar ist (Reaktionsrate sich verdoppelt hat).
Ein Hinweis zum Verständnis findet man auf https://www.uni-due.de/fb8/fbphysik/Hauptseminar/WS0506/Ausarbeitung_Ker..., Seite 25: Wenn man einen Reaktor steuern will, muss das mithilfe mechanischer Elemente geschehen. Irgendwelche mechanischen Teile kann man aber nicht gut im Millisekundenbereich ein und ausfahren.
Betrachten wir die Neutronenvermehrung und die dazugehörende Funktion $N = N_0 e^{(k-1)t/\tau}$. Wann hat sich die Anzahl an Neutronen verdoppelt? Also wann ist $N=2 \cdot N_0$?
Dazu rechnen wir $\frac {2 \cdot N_0}{N_0}= 2 =e^{(k-1)t/\tau}$. Durch beidseitiges Logarithmieren erhält man $ln 2 = (k-1)t/\tau$. Auflösen nach t ergibt: $t = \frac{\tau}{k-1}ln 2$.
Für die prompten Neutronen ($\tau=92ms$) erhält man $t = \frac{92 \cdot 10^{-3}s}{1,001-1}ln 2 \approx 63,8s $.
Und für die verzögerten Neutronen ($\tau=14s$) erhält man $t = \frac{14s}{1,001-1}ln 2 \approx 9704s \approx 162min \approx 2,5h$.
Mit den verzögerten Neutronen dauert es also deutlich länger, bis sich deren Anzahl verdoppelt hat. Daher muss man einen Reaktor so bauen, dass er allein mit den prompten Neutronen noch nicht zur unbeschränkten Kettenreaktion kommt. Die verzögerten Neutronen brauchen viel länger, bis damit eine Reaktion unkontrollierbar wächst, dass man einige Minuten Zeit hat, um entsprechendes "Bremsmaterial" in einen Reaktor einzubringen und den Reaktor wieder "runterzufahren".